Nordostsyrien: Türkei bombardiert Infrastruktur unserer Partnerstadt Dêrik/Al Malikiya
Städtepartnerschaft fordert Flugverbotszone für die Türkei über Nord- und Nordostsyrien
Die Städtepartnerschaft Friedrichshain-Kreuzberg – Dêrik e.V. verurteilt die Zerstörung von lebenswichtiger,
ziviler Infrastruktur durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen im Gebiet der Selbstverwaltung von Nord-
und Nordostsyrien (auch Rojava genannt) aufs Schärfste.
Am Donnerstag, den 5.10.23 wurde durch einen Luftangriff das Covid-19-Krankenhaus am Stadteingang von
Dêrik komplett zerstört.
Außerdem wurden am Freitag, den 6.10.23 ein nahegelegenes Umspannwerk und das ca. 30 km
südwestlich von Dêrik gelegene zentrale Gaskraftwerk der Region bei mehrstündigen Angriffen durch
Kampfflugzeuge und Drohnen weitgehend zerstört. Es entstanden Schäden in Höhe von mehreren Millionen
Dollar. Der leitende Ingenieur des Kraftwerkes, Akid Abdel Majeed berichtet von 10 Angriffen, bei denen die
Ölturbinen, die Entschwefelungsanlage und das Umspannwerk zerstört wurden. Ersatz-Turbinenteile seien
in Syrien nicht verfügbar und könnten allenfalls auf dem internationalen Markt beschafft werden.
Das einzige, noch funktionierende Kraftwerk in Nordostsyrien versorgte bisher die gesamte Region mit Gas
und Strom. Gleichzeitig war es auch Abfüllstation für die Gasflaschen der Haushalte. Schon im November
2022 wurde das Kraftwerk durch türkische Luftangriffe schwer beschädigt.
Verschiedene lokale Medien meldeten weiterhin die Bombardierung von 29 Dörfern und Städten, 5
Umspannwerken, 7 Ölförderanlagen, 2 Trinkwasserstationen, eine Gasförderanlage sowie dem Staudamm
von Cil Axa. Bis jetzt sind 12 Tote bestätigt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen hielten die türkischen
Luftangriffe noch an.
Mittlerweile sind weite Teile Nordostsyriens von der Strom-, Wasser- und Gasversorgung abgeschnitten,
nachdem der türkische Außenminister Hakan Fidan letzten Mittwoch die gesamte Infrastruktur
Nordostsyriens nach dem Selbstmord-Anschlag auf das Innenministerium in Ankara zum legitimen
Angriffsziel erklärt hatte. Ohne Beweise behauptet die türkische Regierung, die Attentäter seien von der
Selbstverwaltung von Nord- und Nordostsyrien ausgebildet und geschickt worden. Damit begründet sie ihre
Angriffe auf militärische und zivile Ziele in Nordsyrien und verpackt dies als türkisches Recht auf
Selbstverteidigung.
„Bewusste Angriffe auf rein zivile Ziele sind Kriegsverbrechen, egal, ob sie in Nordsyrien, in der Ukraine
oder sonst wo stattfinden,“, äußert sich der Vorstand der Städtepartnerstadt. Die Zerstörung ziviler Ziele ist
auch nicht durch das Recht zur Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Uno-Charta gedeckt. Es handelt sich
hierbei um völkerrechtswidrige Angriffe.
Dass die Menschen in Nordsyrien ohne Wasser, Strom und Gas kaum überleben können, dürfte für jedem
Menschen klar sein. Wir befürchten in den nächsten Monaten eine weitere Zunahme von Geflüchteten
nach Europa. Denn wo sollen Millionen nordsyrische Menschen hin, wenn Ihnen die Lebens- und
Existenzgrundlage entzogen wird? In die Türkei oder ins syrische Regime-Gebiet können und wollen sie
nicht. So bleibt nur die Flucht über den Irak ins Ausland. Eigentlich sollte unser aller Ziel sein,
Fluchtursachen zu beseitigen und keine neuen zu schaffen.
Wir fordern eine Flugverbotszone für die Türkei über Nord- und Nordostsyrien!
Städtepartnerschaftsverein lässt 6.000 € als erste Unterstützungsmassnahme übergeben
Als erste Unterstützung zur Reparatur der Infrastruktur hat unser Verein am 19.10.2023 von Dr. Michael Wilk 6.000 € an Bêrivan Hesen und Ciwan Ehmed, die beiden Co-Bürgermeister von Dêrik, übergeben lassen.
Bêrivan Hesen, Dr. Wilk und Ciwan Ehmed bei der Geldübergabe