Die zwei gegensätzlichen politischen Strömungen in Nord- und Ostsyrien
- ENKS: Dieser Parteien-Zusammenschluß besteht vor allem aus nationalistisch-konservativen und einigen liberalen kurdischen Parteien.
- TEV-DEM: In diesem Zusammenschluß, der von der demokratischen linken PYD aufgebaut wurde, sind neben mehr als 6 kurdischen Parteien und Organisationen auch eine nicht unbedeutende Zahl von arabischen und christlichen Organisationen vertreten.
ENKS
Der ENKS, auch „Kurdischer Nationalrat“ (KNC) genannt, besteht heute nur noch aus acht Parteien. Er wurde 2011 mit dem Ziel gegründet, eine Einheit unter den Kurden und ein Syrien ohne Assad auf der Basis föderativer Elemente aufzubauen. Diese Ziele unterscheiden sich vordergründig nicht sehr von den Vorstellungen der TEV-DEM. Real baute allerdings TEV-DEM seit 2012 die „Demokratische Selbstverwaltung Nordsyrien“ (seit September 2019 heisst sie offiziell „Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyrien“) auf.
ENKS ist politisch und finanziell von der im Nordirak (Irakisch-Kurdistan) ansässigen Partei KDP von Mesut Barzanî abhängig und hat sich auch eng mit den Interessen der Türkei verbunden. Das ENKS-Bündnis bestand zunächst aus bis zu 15 Parteien, darunter die „Demokratische Partei Kurdistans – Syrien“ (PDK-S), und die „Kurdische Einheitspartei“ (Yekitî/PYKS). 2014 traten 3 Parteien aus diesem Bündnis aus, bzw. wurden vom ENKS ausgeschlossen. Weitere Parteien folgten in den Jahren danach. Als einige ENKS-Politiker Anfang 2018 nach der türkischen Besetzung des Kantons Afrin mit den Besatzern kollaborierten, wandten sich weitere Politiker vom ENKS ab.
Liste der Demokratischen Nation
2017, bei den letzten Kommunalwahlen und Wahlen der Volksräte im befreiten Nordostsyrien auf Distrikt- und Kantonalebene trat eine von der ENKS initiierte kurdische Liste mit 4 Parteien gegen eine multiethnische „Liste der Demokratischen Nation“ an. Diese multiethnische Liste ging weit über den eigentlichen TEV-DEM-Zusammenschluss hinaus und umfasste auch unabhängige KandidatInnen. In allen Distrikten ging sie mit Abstand als stärkste politische Kraft aus den Wahlen hervor.
In der „Liste der Demokratischen Nation“ arbeiten die meisten Parteien und Organisationen zusammen, die seit 2011 die „Autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ aufgebaut haben. Ende 2019 beteiligten sich rund 20 Parteien an der Selbstverwaltung, darunter auch die „Assyrische Einheitspartei“ der Christen, die größte der assyrischen Parteien.
Parteien in Dêrik
Regionen wie Dêrik, die geographisch näher an Irakisch-Kurdistan liegen, tendieren stärker zum ENKS als Regionen weiter westlich. Daher sind auch die Parteigänger von Barzanî in der KDP-S in Dêrik präsenter als in anderen Regionen von Nord- und Ostsyrien.
In Dêrik waren 2019 folgende Parteien aktiv:
- Die „Kurdische Linksdemokratische Partei in Syrien“ (PÇDK-S), mit Hauptsitz im Nordirak. Sie unterstützt die Idee der „Demokratischen Autonomie“.
- Die „Partei der Demokratischen Union“ (PYD), die stärkste Partei im gewählten Parteienverbund der Selbstverwaltung.
- Die „Demokratische Partei Kurdistans in Syrien“ (PDK-S), die Schwesterpartei der nordirakischen KDP.
- Die „Kurdisch-demokratische Partei der Einheit in Syrien“ (PWDK-S)
- Die „Assyrische Partei der Einheit in Syrien (GHS-S)“ ist eine Partei der Assyrer. Traditionell stehen die Assyrer (sie nennen sich selbst Suryoye) der Assad-Regierung nahe, in Dêrik und ganz Nord- und Ostsyrien sind sie jedoch in der Selbstverwaltung aktiv.
- Die „Kurdische Partei der Einheit in Syrien“ (PYK-S) auch „Kurdische Einheitspartei“ (Yekitî/PYKS) genannt. Sie ist Teil des ENKS, unterstützt aber die Idee des föderalen Systems.
- Die „Zukunftspartei Syriens“ (Partiya Sûriyê ya Pêserojê) wurde im März 2018 unter dem Motto „Für ein dezentrales, mehrfarbiges, demokratisches Syrien“ gegründet. Sie unterstützt die Selbstverwaltung und ist in ganz Nord- und Ostsyrien aktiv. Die aus Dêrik stammende Ko-Präsidentin Hevrin Khalaf wurde bei der türkischen Invasion im Oktober 2019 in einem Hinterhalt dschihadistischer Hilfstruppen der Türkei ermordet.