
Ende Mai 2025 reiste eine achtköpfige Delegation nach Nord- und Ostsyrien, um die humanitäre und medizinische Lage vor Ort zu bewerten und konkrete Hilfsprojekte umzusetzen. Sie setzte sich aus Mitgliedern des Verbands Kurdischer Ärzt*innen in Deutschland und des Städtepartnerschaftsvereins Friedrichshain-Kreuzberg – Dêrik zusammen. Im Mittelpunkt stand der Start der ersten offiziell geförderten Klinikpartnerschaft zwischen Deutschland und Syrien.
Partnerschaft in schwierigen Zeiten
Die Region Nord- und Ostsyrien steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Laut dem aktuellen Bericht des UN-Nothilfebüros OCHA (1. Quartal 2025) sind rund 16,5 Millionen Menschen in ganz Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen – etwa 69 % der Gesamtbevölkerung. In den von der Selbstverwaltung (AANES) kontrollierten Gebieten benötigen rund 2,9 Millionen Menschen Unterstützung – doch nur etwa ein Drittel konnte bislang erreicht werden.
Die Folgen wiederholter völkerrechtswidriger Luftangriffe der Türkei in den Jahren 2022 bis 2025 sind bis heute spürbar. Die gezielte Zerstörung ziviler Infrastruktur, etwa des Gaskraftwerks Siwêdiye bei Qamislo, hat die Strom- und Wasserversorgung stark beeinträchtigt. Viele Haushalte sind auf Dieselgeneratoren angewiesen – mit gravierenden gesundheitlichen Folgen. Die Wasserversorgung ist vielerorts instabil, was Hygiene, medizinische Versorgung und Zugang zu Trinkwasser massiv erschwert.
Gerade in dieser Situation zeigt sich, wie praktische Hilfe wirken kann. Die Delegation brachte konkrete Hilfe: der Verband Kurdischer Ärzt*innen in Deutschland e.V. übergab 72.000 € für dringend benötigte Dialysegeräte im Krankenhaus Dêrik, der Städtepartnerschaftsverein überbrachte den Ko-Bürgermeister*innen von Dêrik 27.400 € des Kinderhilfswerks GLOBAL CARE zur Sanierung einer vom Erdbeben beschädigten Schule. Die Sanierung zwei weiterer Schulen folgt.
Gesundheit und Wasser als Schlüssel zur Stabilität
Ein Schwerpunkt der Städtepartnerschaft ist die Verbesserung der medizinischen Versorgung – besonders im ländlichen Raum. Beim Besuch der Mobilen Klinik im Dorf Borzê, die gemeinsam mit der Stiftung der Freien Frau in Syrien (WJAS) betrieben wird, wurde deutlich: Der Bedarf, vor allem bei Frauen und Kindern, ist enorm.
Auch die Wassersituation bleibt angespannt. Umso bedeutsamer ist der bestehende solarbetriebene Brunnen, der mit Unterstützung der Städtepartnerschaft und finanziert durch die LEZ Berlin über 5.000 Menschen versorgt. Während der Reise koordinierte die Delegation ein Planungstreffen mit der Wasserbehörde, um einen weiteren Brunnen möglichst bald zu realisieren – gezielt für ein Gebiet, in dem viele Binnenvertriebene untergebracht sind.
Über sechs Millionen Menschen gelten in Syrien weiterhin als intern Vertriebene. Die Delegation besuchte offizielle Camps, notdürftige Unterkünfte in Schulen und verlassenen Gebäuden und konnte sich ein Bild der schwierigen Lebensumstände machen.
Beim Empfang durch Ilham Ahmad, außenpolitische Sprecherin der Selbstverwaltung, standen die humanitäre Lage und die Sicherheitslage im Zentrum der Gespräche.
„Die Sicherheitslage in Städten wie Qamislo ist stabil. Viele Binnenvertriebene aus anderen Landesteilen haben hier Schutz gefunden. Die Region hat mit ihrem entschlossenen Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat maßgeblich zur globalen Sicherheit beigetragen – sie verdient Solidarität und konkrete Unterstützung“, betont Janosch Tries, Vorstandsmitglied des Städtepartnerschaftsvereins.
Fazit
Die Eindrücke der zweiwöchigen Reise sind eindeutig: Die humanitäre Lage bleibt vielerorts dramatisch. Ob im Gesundheitswesen, in Bildungseinrichtungen oder der Energieversorgung – es fehlt an Unterstützung, um ein Leben in Würde zu ermöglichen. Die Delegation spricht sich für ein Syrien aus, das allen ethnischen und religiösen Gruppen gleiche Rechte und politische Teilhabe garantiert.
Die Erfahrungen dieser Reise zeigen: Engagement wirkt. Die Städtepartnerschaft hat bewiesen, dass selbst unter schwierigen Bedingungen konkrete Verbesserungen möglich sind – wenn Zusammenarbeit auf Augenhöhe gelingt.