Zusammen mit drei Nachbarschaften, bzw „Kommunen“, mit der Stadtverwaltung von Dêrik und mit der internationalen ökologischen Initiative Make Rojava Green Again (MRGA) wurden zwischen Anfang 2019 und April 2020 Teile des Flussbetts (Korniş) im Zentrum Dêriks neu gestaltet und die Anwohner*innen bei der Einrichtung von gemeinschaftlichen Nutzgärten unterstützt.

Wie begann das Projekt?

Das Projekt startete in Dêrik im Februar 2019, nachdem unser Städtepartnerschaftsverein bereits seit 2017 entsprechende Kontakte nach Dêrik aufgenommen hatte. Im Herbst 2018 stellten wir bei der Berliner Stiftung Nord-Süd-Brücken einen Förderantrag über 10.000 € für ein sogenanntes „Kleinprojekt der Entwicklungszusammenarbeit“. Zeitgleich reiste im Oktober 2018 eine Delegation des Vereins nach Dêrik. Dort diskutierten unsere Vertreter*innen und Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung Dêrik mit der Bevölkerung und mit MRGA über das Projekt.

Intention des Projekts

Mit diesem Projekt wollten wir gegenüber den Menschen in Dêrik unseren Dank und unsere Anerkennung für ihren erfolgreichen Kampf gegen den IS ausdrücken. Von Anfang an war es allerdings auch als ein kleines ökologisches Projekt gedacht, nämlich als Beitrag zur Verbesserung der durch landwirtschaftliche Monokulturen geschädigten Artenvielfalt und zur Nahrungsmittelsouveränität in Nordsyrien.
In den Nachbarschaften, die sich an dem Projekt beteiligen wollten, hielt zunächst unsere Partnerorganisation MRGA in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung im Februar 2019 Versammlungen ab um die Durchführung der Arbeiten zu planen.

Hochwasserschäden

Wegen einer Reihe von Unwettern mit Hochwasser und Überschwemmungen kamen die im März 2019 begonnenen Arbeiten am Flussbett und in den Nachbarschaftsgärten allerdings bald ins Stocken. Das Hochwasser zerstörte Teile der Begrenzung zwischen Flussbett und Straße und beschädigte Brücken. Die für die Errichtung der Nachbarschaftsgärten ausgesuchten Gebiete waren ebenfalls von Überschwemmungen betroffen. Daher mussten Stadtverwaltung und Kommunen zunächst einmal die Hochwasserschäden beseitigen. Bagger, die für die Projektarbeiten notwendig waren, mussten deshalb zunächst zur Beseitigung der Hochwasserschäden eingesetzt werden. In den folgenden Monaten Juli und August herrschte extreme Hitze. Erst im September 2019 konnten die Projektarbeiten endlich wieder aufgenommen werden.

Angriffe der Türkei auf Nordsyrien im Oktober 2019

Im Oktober 2019 begann die türkische Armee ihre Angriffe auf Gebiete in Nordsyrien. Die Stadt Dêrik selbst war nicht davon betroffen, allerdings wurde die Stadt Zufluchtsort für die Menschen aus dem Umland, deren Dörfer bombardiert wurden. Außerdem kamen viele Geflüchtete aus den von der türkischen Bodenoffensive betroffenen Gebieten Sere Kaniye und Gîre Spî. Rund 300.000 Binnenflüchtlinge haben damals im Distrikt Dêrik und in angrenzenden Distrikten Zuflucht gesucht. Die Stadtverwaltung war in dieser Zeit damit beschäftigt, sich um Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten zu kümmern, sowie für den Fall Vorkehrungen zu treffen, dass sich die Angriffe bis nach Dêrik ausbreiten sollten. Aus Sicherheitsgründen konnten die Mitarbeiter*innen von ‚Make Rojava Green Again‘ ihre Arbeit in dieser Zeit auch nur eingeschränkt fortsetzen. Beispielsweise konnte die Baumschule von MRGA wegen der Nähe zur türkischen Grenze vorübergehend nicht bewirtschaftet werden. Deswegen konnte sie auch keine Setzlinge für das Projekt liefern. Wegen der türkischen Angriffe wurden die Arbeiten am Flussbett erst im November wieder aufgenommen. Daher waren wir gezwungen eine Verlängerung der Projektlaufzeit bis April 2020 zu beantragen, die uns auch gewährt wurde. Durch die türkische Invasion nach Nordsyrien bei gleichzeitigem Fortbestehen des de facto Embargos gegen die Region, hatte sich allerdings die wirtschaftliche Lage insgesamt verschlechtert, was u.a. zu einem Anstieg der Preise für Baumaterial führte. Um den gesamten zu begrünenden Abschnitt  wie geplant einzuzäunen, reichten nach dem Preisanstieg die vorhandenen Mittel nicht aus, so dass statt der geplanten 1.000 Meter nur ein Abschnitt in der Länge von 500 Metern eingezäunt und mit Bäumen bepflanzt werden konnte.

Was hat das Projekt bewirkt?

Die Stadtverwaltung und MRGA berichten, dass das Begrünungsprojekt in der Bevölkerung gut angenommen worden ist. Maßgeblich dafür waren die Bürgerversammlungen. Dadurch konnten viele an der Umsetzung des Projektes am Flussbett und in den Gärten beteiligt wurden. Positiv bewertet wurden unter anderem: die Schaffung von Schatten durch die Straßenbäume am Flussbett sowie in den Gärten, erhöhte Verkehrssicherheit durch den vom Verkehr abgegrenzten Bürgersteig, Steigerung der Luftqualität in der Stadt durch die Begrünung und mehr Eigenverantwortung für die Instand- und Sauberhaltung des Flussbettes und der Gärten. Die Identifizierung der Bewohner*innen mit ihrer Stadt trägt laut Rückmeldung durch die Stadtverwaltung auch zu einem erhöhten Willen der Bürger*innen, nicht zu emigrieren. Insbesondere in der schwierigen aktuellen Situation, in der die Bevölkerung durch die prekäre Versorgungslage und die militärische Bedrohung der Türkei extrem belastet ist, ist es laut Stadtverwaltung besonders wichtig, Orte der Begegnung und Verständigung zu schaffen und für eine Erhöhung der Lebensqualität der Menschen zu sorgen.

Zukunft

Für die Zukunft wünschen sich die Nachbarschaften eine Fortführung des Projektes, vor allem auch um das Konzept der Nachbarschaftsgärten weiter zu verbreiten. Auch die Stadtverwaltung wünscht die Fortführung der Flussbettbegrünung, um ein einheitliches Stadtbild rund um den Fluss zu schaffen.

Mit ihren eigenen sehr begrenzten Mitteln hat die Stadtverwaltung Anfang 2021 begonnen die Arbeiten am Rande des Flussbetts weiterzuführen.

Die untenstehende Fotodokumentation zeigt den Verlauf des Projekts. Bilder vom Pflanztag im April 2020 gibt es hier zu sehen.